Tintenwelt

Ich klappe den Buchdeckel zu, lehne mich zurück, nehme meine Lesebrille von der Nase und lege sie vorsichtig auf das ausgelesene Buch.

Mo, Resa, Meggie, Elinor, Feuertänzer, Farid, Fenoglio … sie alle haben mich durch eine ganz wundersame Geschichte geführt. Eine Geschichte, die ich erst nicht beginnen und dann nicht weiter lesen wollte. Jeder sprach von diesen Büchern. Aber ich bin ja immer so schlimm skeptisch, wenn Bücher hochgelobt werden. Zu oft bin ich damit schon auf die Nase gefallen.

Ich habe lange gewartet, bis ich den ersten Band kaufte. Tintenherz. Und es dauerte lange, bis ich es gelesen hatte. Die Geschichte beginnt nicht nach meinem Geschmack. Ich hatte etwas anderes erwartet. Eine andere Welt und wohl auch eine komplett andere Geschichte. Aber das Buch handelt von Menschen, die Bücher lieben. Einem Buchbinder, seiner Tochter und wunderbaren Vorlese-Stimmen. Ich als gelernte Schriftsetzerin kann kein Buch aus der Hand legen, welches mir vom Binden eines Buches und dem Geruch von Leim erzählt. Von Papier und Märchen, die wahr werden können. Also las ich es bis zum Ende.
Ich war enttäuscht, denn es erschien mir so sehr in „dieser Welt“. So real. Ich wollte in die andere Welt, denn deswegen liest man ja schließlich Märchen. In die Welt der blauen Feen und Silber-Burgen. Die Welt des Feuertänzers, der Gaukler, der edlen Räuber, Nachtmahre und grausamen Fürsten und mächtigen Königstöchtern.
Nachdem ich nun das letzte Buch zugeklappe, halte ich an meiner anfänglichen Meinung fest, dass der erste Band zwar nützlich für die Geschiche aber nur ein „aufwärmen“ der Autorin für die folgenden 2 Bände sein konnte.

Den zweiten Band, Tintenblut, kaufte ich mir doch noch irgendwann. Ich wollte der Geschichte eine Chance geben. Da war so viel Potenzial. Aber was, wenn ich wieder so enttäuscht wäre? Naja … ich hätte es wohl wegstecken können.

Aber was ich nun las, war die Geschichte, die ich haben wollte. Ganz und gar. Wunderbar geschrieben, mit Wesen bevölkert, die mir bis in die Träume folgten. Und ist dies nicht die Geschichte, die wir uns alle oftmals erträumen? In unserem Lieblingsbuch verschwinden und alles mit eigenen Augen sehen? (Ich erinnere mich hier auch gern an die Szene aus „Mary Poppins“, wo Mary und Bert in das Straßenbild springen. Ich habe es so geliebt.)

Die Macht der Worte als die einzig Wahre erleben? Ja … davon kann sich niemand frei sprechen. Was wäre, wenn jeder von uns durch seine Worte einen kleinen Anteil am Lauf der Geschichte haben könnte?
An langen Abenden las ich das Buch recht schnell zu Ende und musste am nächsten Tag direkt den dritten Teil bestellen.

Tintentod ist das beste Buch, welches ich bisher aus diesem Genre gelesen habe. Es steht bei mir höchst wahrscheinlich noch vor „Die Stadt der träumenden Bücher“. Obwohl ich mir da noch nicht soooo sicher bin. Hildegunst von Mythenmetz ist schon relativ einmalig. :O)
Aber es geht ja auch um die gesamte Geschichte und die ist eine tiefe Verbeugung wert.

Und wer jetzt denkt: „Aber das sind doch Kinderbücher“, dem sei gesagt, dass doch hoffentlich noch in jedem Erwachsenen ein Stück Kind übrig geblieben ist. Und wer nicht mehr fähig ist, sich in Feuertänzer, Prinzessinnen und Riesen zu verlieben, dem kann ich nur sagen: lass dich darauf ein. Es lohnt sich. Denn es ist niemals kitschig, langatmig oder gar langweilig. Die Personen sind alle so einzigartig, dass jede gleichzeitig noch ihre Geschichte erzählt.

Und heute hoffe ich, dass Mo´s Sohn irgendwann in die andere Welt gelesen wird, damit es weiter geht. Aber andererseits habe ich genug von dieser Welt. Ich stehe lieber auf dem Marktplatz von Ombra und sehe dem Feuertänzer zu.

P.S: ich werde immer zu den Menschen gehören, die bis ins hohe Alter „echte“ Bücher lesen. Keine iBooks. Auch hier bin ich, wie bei Museen, altmodisch. Das Gefühl ein neues Buch aufzuklappen, über die Seiten zu streichen und die Geschichte Zeile für Zeile zu lesen, ist für mich immer wieder ein Erlebnis. Ich brauche das Buch auf meinen Beinen und die Brille auf der Nase. Die Paginierung und den Satzspiegel ebenso wie die passende Typo. Kommt mir nicht mit Online-Bibliotheken. Neeee. Ich will Papier, immer wieder Papier und Druckerschwärze.

5 Gedanken zu „Tintenwelt“

  1. Die Reihe hatte ich vor einigen Monaten auf dem Radar, aber irgendwie wieder aus den Gehirnwindungen verdrängt. Schwupps ist es wieder da, ich will es unbedingt lesen – und Du hast Recht – Bücher gehören auf Papier!

    • Hallo Boris,
      ja, mach mal. Bin gespannt auf deine Meinung. :) Die Reihe ist ja auch schon etwas älter.
      Kennst du „Die Stadt der träumenden Bücher“? So gut.

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