Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Aber warum eigentlich nicht?
Ich hatte über Facebook zwei Karten für eins der „Highlight-Konzerte“ der Jazz Rally 2011 in der Düsseldorfer Tonhalle gewonnen. Curtis Stigers. Und mich sehr darüber gefreut. Ich war nämlich noch nie in der Tonhalle und auch neugierig auf einen Künstler, der das Genre gewechselt hat.
Nun, ich bin ein Kind der Rockmusik. Southern Rock, Country Rock, Hard Rock. Hier habe ich meine Wurzeln. Mit ihr bin ich erwachsen geworden. Und wenn ihr euch fragt, warum ich als Düsseldorferin noch nie in der Tonhalle war, dann ist die Erklärung sehr einfach. Bruce Springsteen spielt dort einfach nicht. :)
Alles fing schon schräg an. Die Abendkasse, an der die Karten hinterlegt waren, öffnete erst 20 Minuten nach dem die meisten MIT Karten schon längst ins Innere entschwunden waren. Die Platzanweiserin empfing uns mit der Information, dass wir uns oben auch freie Plätze suchen könnten, da nicht alle Karten verkauft wurden. Wir nur weiter rücken sollten, wenn die eigentlichen Platz-Inhaber kommen würden. *hüstel* Ooookeh.
Wir saßen „Rang links“, hatten einen relativ guten Blick auf die Bühne aber die Luft war unterirdisch. Die Sitze erinnerten mich an den letzten Flug nach Berlin. Nur, dass dort etwas mehr Beinfreiheit herrschte. Beine übereinander schlagen ging gar nicht und ich fühlte mich so eingepfercht, dass ich kaum Luft bekam und ernsthaft überlegte, wieder zu gehen. Durchhalten Tanja! Jawohl! Schließlich ist das ja auch ein Highlight-Konzert.
Otto Lindner, Vorstand der Destination Düsseldorf, kam auf die Bühne, um ein einleitendes Wort zu sagen. Tja … ich gehöre nicht zur High-Society Düsseldorfs. Auch nicht zum Sponsoren-Team von Vodafone und ich mag keine Selbstbeweihräucherung. Es ist ok, auf eine Veranstaltung stolz zu sein aber die Zuschauer dazu aufzufordern, die eigene tolle Leistung zu beklatschen, ist für mich schräg. Aber ich habe ja auch keine Ahnung, denn ich war ja nur ein Gast (zugegeben-mit gewonnenen Karten), der gute Musik hören wollte.
Endlich betrat Curtis Stigers mit seiner Combo die Bühne. Ich war sehr gespannt auf den Sound in der Tonhalle. Lange wurde er bemängelt, Räumlichkeiten verändert und optimiert. Jetzt soll er gut sein, der Sound.
Nach dem ersten Lied wußte ich, dass da für mich etwas ganz falsch läuft. Ich gebe zu, Herr Stigers und seine Combo mussten dem direkten Vergleich zu George Duke, Al Jarreau und zwei phantastischen Musikerinnen standhalten. Vielleicht standen sie daher für mich von Anfang an auf verlorenem Posten.
Aber mit der Musik halte ich es wie mit der Kunst oder Filmen. Entweder ich fühle mich begeistert und abgeholt oder eben nicht. Und das hat nichts mit Genres zu tun. Ich bin kein Jazz-Liebhaber. Trotzdem kann mich diese Musik verzaubern. Hier verzauberte mich nichts. Der Sound war schlicht und ergreifend schlecht. Was vielleicht an unseren Plätzen lag? Ich weiß es nicht.
Und vielleicht sind alle Musiker einzeln gute Musiker aber als musikalische Einheit habe ich das gestern nicht empfunden. Was vielleicht daran gelegen hat, dass der Stamm-Drummer ersetzt wurde.
Wer mich kennt, weiß, dass ich längere Zeit in Bands gesungen habe und somit auch der Musik nicht ganz unbeleckt gegenüber stehe. Und als Sängerin achte ich natürlich auf die Stimme. Auch hier hat mich Curtis leider nicht überzeugt. Natürlich hat er eine gute Stimme. Natürlich beherrscht er die Töne. Natürlich hat er diesen einen ganz besonderen Klang, der seine Stimme fast unverwechselbar macht. Alles prima. Aber wo blieb nur Gänsehaut? Angepriesen als formidabler Jazzvokalist, hatte ich mir doch etwas anderes vorgestellt. Und ja, ich weiß – gegen Al Jarreau kann hier jeder nur verlieren.
Was wirklich gut rüber kam, waren seine Entertaining-Moments. Er schafft es, durch seine Erzählungen und Witze, das Publikum einzubinden und es zum Lachen zu bringen. Und ich konnte ihm auch ansehen, dass er selbst Spaß an seiner Performance hatte. Trotzdem ertappte ich mich während des Konzerts immer wieder dabei, auf seine Schuhe zu glotzen und zu überlegen, ob Jazz-Musiker einen Vertrag mit Schnabel-Schuh-Herstellern haben. Gleichzeitig kam mir Götz Alsmann mit seinen großartigen Musikern, die nicht aus Nashville kommen, in den Sinn. :o)
Nach dem Konzert hörte ich auf dem Weg nach unten nur pure Begeisterung. Sätze wie „Das war großes Kino!“ und Wörter wie „großartig“ und „phantastisch“ begleiteten uns die Treppe hinunter. Vielleicht bin ich ein Banause. Vielleicht aber auch nicht. Und vielleicht gehört Jazz auch einfach in eine kleine Kneipe und nicht in die Tonhalle.
Euch noch schöne Pfingsten und wenn jemand dort war, der das hier liest und es anders empfunden hat, dann bitte ich um einen Eintrag.
es trauen sich eben nur wenige, nach einem Konzert zu sagen, dass es nicht großartig war… schließlich hat man (meistens zu viel) geld dafür ausgegeben und vorher schon erzählt, was man großartiges vorhat, um die nachbarn neidisch zu machen. ich kann dich gut verstehen, auch wenn mir das wissen fehlt, dass du in bands gesungen hast (gibts bilder oder tondokumente??? bödde!!)
ich fand zum beispiel Sting sehr schlecht live. auf platten liebe ich seine musik, live war er langweilig! und ja, jazz geht nur mit gänsehaut, und für diese muss man nicht weltberühmt sein!
Wahrscheinlich ist das so. Der Preis war allerdings ok. 18,50 Euro auf allen Plätzen. Vielleicht sind Jazz und ich nicht füreinander geschaffen. Kann aber im Grunde nicht sein, weil ich schon einige andere Jazz-Musiker und Bands gehört habe, die mich wirklich begeistern konnten. :)
Und ja, es gibt Bild- und Tondokumente. *g* Das wußtest du nicht? Im alten Blog gab es sie. Die Dokumente. :)