Frag mal Tante Else

Magst du das Oktoberfest?

„Das in München? Naja. Geht so, nä?
Aber hör mal Kind. So geht das aber nicht. Wie hast du mich denn gezeichnet? Ich sehe ja aus wie die Queen.“

„Nein, Tante Else. Das bist schon du. Ich kann ja nix für die Frisuren der Damen um 96. Du hast zu viel royale Beerdigung geguckt.“

„Jetzt werd mal nicht unverschämt, junge Dame. Ich bin mitnichten 96. Erst 94. Und was soll diese Fragerei überhaupt? Ich dachte, ich könnte jetzt hier meinem ruhigen Lebensabend fröhnen und eine GaloGlitzer nach der anderen lesen.
Aber ich weiß schon, was du meinst. Da waren in der letzten Ausgabe wieder so viele operierte und hochgequetschte Möpse auf den Seiten verteilt. Kann nur Oktoberfest sein. Hat der feiste, dicke Typ von der CSU wieder „O`Zapft iss“ geschrien? Ist das eigentlich dem Franz-Josef sein Sohn? Die sehen sich so ähnlich.“

„Tante Else, wir hatten doch darüber gesprochen.Ich frag dich einfach ein paar Dinge des Lebens und du erzählst mir ein bisschen deine Meinung. Schließlich habe ich nicht deine Lebenserfahrung. Was weiß ich schon? Und nein, Tante Else. Ich bin mir sicher, dass das nicht der Sohn vom Franz-Josef ist. Und ich weiß auch gar nicht, wer den Zapfenstreich dieses Jahr durchgeführt hat.“

„Zapfenstreich ist doch was GANZ anderes, Kind. Also wirklich. Da steht man stramm und macht tolle Marschmusik.

*seufz „Äh ja.“

Früher war das, glaube ich, mal ganz nett da auf der Wiesn. Heute gehen die ganzen Weibsen und drolligen Männchen ja entweder zu Paarungszwecken oder zum Guck-mal-wie-berühmt-ich-bin-Schaulaufen da hin. Hätte es zu meiner Zeit ja nicht gegeben. Ts.
Wir hätten ja auch gar nicht das viele Geld für diese Nasen- und Möpse-OPs gehabt. Und damit ist es ja auch noch lange nicht getan. Überleg dir mal, was da zusammen kommt. Friseur – und heute werden ja bestimmt mindestens diese … äh … Ixtänschns gemacht. Nicht nur waschen, legen und mit der Haube föhnen.

„Die Männer brauchen bestimmt keine Extensions, Tante Else.“

Wer weiß, Kind? Vielleicht nicht auf dem Kopf?
Die Nägel müssen in der neusten Form auf die Finger geklebt und mit Brillanten verziert werden. Schmuck ausleihen, Textheftchen für die neusten Schlager kaufen, Gesangsunterricht, damit man sich nicht total beim Hossa-Hossa blamiert, ein neues Handy, weil – da gibt es ja jetzt dieses soziale Mediagedöns. Die Bilder sollen schon super sein. Nicht wie damals bei Foto Klein auffe Hasselsstraße mit dem schwarzen Vorhang.

„Meinst du jetzt die Männer oder die Frauen?“

„Alle Geschlechter, Kind. Einfach alle! Ich bin doch nicht von gestern. Genderkonform ist das A und O.“

„Das hast du schön gesagt, Tante Else.“

„Dankeschön.
Aber wir waren noch nicht fertig. Das Outfit. Meine Güte! Tausendääää kann der ganze Kram kosten. Nur, um dann aufpassen zu müssen, dass man sich nicht aufs Kleid kotzt.“

„Tante ELSE!!!“

„Ist doch wahr. Inne Megathek hab ich letztens einen Tatort aus München mit den beiden süßen weißhaarigen Kommissaren gesehen und da gab es eine Extra-Wiese, wo man sich nur übergibt. Damit die schicken Stöckel- und Haferlschuhen sauber bleiben und man im Zelt nicht schlecht riecht. Ich kann das nicht gut heißen. Andererseits hätten wir das hier in der Altstadt auch gut gebrauchen können. Naja.“

„Aber meinst du nicht, nach dem ganzen Corona-Kram sollten die Leute auch mal wieder feiern?“

„Das nennst du feiern? Hast du dir mal die Dokufilme auf JuTjub angesehen? Dafür hätte uns der Schutzmann früher MIIINDESTEEENS eine Nacht in die Zelle gesteckt. Feiern ist ja schön aber sich zu Tausenden an einem Ort vesammeln, um sich hemmungslos zu besaufen und rum zu … „

„ELSEEEEEE!!!!!!!!“

„Schon gut. Du bist aber auch empfindlich, Kind. Von wem hast du das? Auf jeden Fall fände ich etwas Respekt und Eigenverantwortung wegen Corona schon ganz gut. Ich lauf ja auch nicht durchs Städtchen und knutsche jeden Mann, der unter 90 ist. Obwohl …“

„Denk nicht mal dran, Tante Else. Das gibt nur böses Blut mit deinen Freundinnen!“

„Stimmt, Liebes. Wo waren wir?“

„Beim Oktoberfest, Respektlosigkeit, unkontrollierten Besäufnissen und dem Schutzmann von 1965.“

„Ach ja. Der war nett. Holst du uns noch die neue GaloGlitzer? Ich wollte noch mal in der Hai-Sossaijetie stöbern. Und was demnächst so ansteht. Und mehr Kuchen kannst du auch direkt mitbringen. Du hast doch noch Zeit für ein Stückchen gedeckten Apfel mit Schlag, Schatz?“

„Klar, Tante Else. Nichts lieber als das! Und das Oktoberfest kann uns mal, gelle?“

Hier schreibt ganz wertfrei: Tanja Deuß.

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