Ach sag mal, Herr Lindenberg … „Oder geht´s da auch um Geld?“

Hallo Udo,

seit Weihnachten 2013 freue ich mich wie Bolle auf dein Konzert bei uns in Düsseldorf. Ich habe sofort 2 Karten gekauft. Block 1, Reihe 14, Platz 13 und 14. Ziemlich viel Geld. Um die 170 oder 180 Euro. Aber das muss ich ausgeben, denn ich muss sitzen. Gesundheitliche Umstände zwingen mich dazu. Gern würde ich im Vorraum an der Bühne rocken und meinem Vorbild die grünen Socken streicheln aber das geht nun mal nicht.

So weit … so gut.

Nun bin ich seit 2 Wochen krank geschrieben. Aus den gleichen gesundheitlichen Gründen. Und überlege hin und her, ob es gut für mich wäre, dein Konzert zu besuchen. Natürlich ist es gut. Denn deine Musik inspiriert mich, macht mich glücklich und hat mir einen Weg aufgezeigt, der für mich der Richtige ist. Dein letztes Konzert in der Lanxess-Arena hat mir so viel Kraft gegeben, dass ich bis heute davon zehre. Schließlich war ich auch mal Musikerin. Sängerin. Die versucht hat, ihr Ding zu machen.

Heute kamen wir gegen 16 Uhr in der Esprit-Arena an. Es war heiß. Sehr heiß. Nicht gut für mich. Ich hatte mir extra eine große Wasserflasche mitgenommen. Eiskalt. Damit ich zumindest den Weg zum Stadion gut hin bekomme. Alles war bestens. Zuhause sage ich noch: 18.00 Uhr. Irgendwie komische Anfangszeit.

Aber was soll es. Wir parken und bringen den Weg zum Stadion relativ unbeschadet hinter uns. Gerne betrachte ich, wie die Halle sich füllt. Die Udo-Fans tragen T-Shirts und sind guter Dinge. Unten, 3 Reihen vor uns ist die Behinderten-Reihe. Rollstuhl um Rollstuhl kommt und die Begleiter sind fröhlich, denn sie wissen, dass sie heute ihren Kindern/Freunden/Schutzbefohlenen etwas wunderbar Schönes bieten können. Musik von Udo. Von ihrem Idol oder auch einfach nur von jemandem, den sie mögen. Außerdem sehe ich viele Kinder. Mit „Mach dein Ding“-Shirts. In schwarz und unisono mit dem Papa. Endlich. Generationen greifen ineinander. Cool, denke ich bei mir. So muss das sein.

Auf der Karte steht: Beginn 18 Uhr. Sonst nichts.

Um ca. 18.40 tut sich etwas auf der Bühne. Es ist wohl der Veranstalter, der nun die Programmpunkte bekannt gibt. Um 20 Uhr soll eine Vorgruppe starten, Udo kommt erst gegen 21:15 Uhr.

Pfeifkonzert DELUXE. 45.000 enttäuschte Fans. Der Veranstalter versucht krampfhaft irgendwas von einer Demo gegen Rechts an den Mann/die Frau zu bringen aber ich verstehe nur Bahnhof, weil die Reaktionen des Publikums einfach zu laut und erbost sind. Ich schaue auf die Uhr. 18.45 Uhr. Die Sitze sind eng. Draussen ist es unsagbar heiß. Die Pfiffe beruhigen sich kaum und die Menschen um mich herum schauen fragend. Ähnlich wie wir uns ansehen. Hä? 21.15 Uhr? Was haben wir verpasst?

Die Halle setzt sich in Bewegung. Wir können kaum so schnell immer wieder aufstehen, wie sich die Leute aus unserer Reihe an uns vorbei drängen. Die Kinderaugen sind furchtbar enttäuscht. Die Behinderten und ihre Begleitung stehen jetzt wahrscheinlich vor einer sehr großen Entscheidung. Meine Güte. Wer jetzt sagt, dass man sich nicht so anstellen soll, denn schließlich fangen alle Konzerte ja immer später an und wer glaubt denn allen Ernstes, dass ein Mann wie du um 18.00 Uhr anfängt zu spielen und dass es doch immer eine Vorgruppe gibt und es eben immer so komische Verzögerungen gibt, der soll einfach mal den Mund halten. Kommunikation ist nun mal alles. Hätte dies in irgendeiner Art und Weise auf den Karten gestanden oder wäre in den sozialen Netzwerken veröffentlich worden … OK. Aber so? Leider nein, lieber Udo. So nicht.

Ich sehe mich außer Stande 3 Stunden auf dich zu warten und wir treten den Heimweg an. Schweren Herzens. Das gebe ich zu. Denn dieser Abend war als echtes Highlight gedacht. Beim hinaus gehen frage ich die Aufsichtsperson: „Wußten Sie das? War das so geplant?“ Schulterzucken. „Nun ja, nein. Ich denke, da stimmt was nicht.“ Ach?

Am Eingang werden wir darauf hingewiesen, dass wir aber bitteschön mit den Karten NICHT mehr hinein kommen. Ich schaue in fragende Augen und sage: das ist mir herzlich egal. Wir haben nicht vor, hier wieder aufzuschlagen.

Ich dachte, wir wären die einzig Blöden, die den Heimweg antreten. Aber weit gefehlt. Wir reihen uns in einen recht großen Strom von enttäuschten Fans ein. Ich laufe an einer  Stelle vorbei, wo jemand seine Karte zerrissen hat und fotografiere das. Richtig so. Denkt sich Manni auch und reißt seine gleiche mit in Stücke. Die Fans, die uns entgegen kommen verstehen irgendwie Bahnhof, denn wieso laufen so viele Leute in die falsche Richtung? Nur eine Gruppe spricht uns an, wir erklären was los ist und sie sind froh, zu spät gekommen zu sein. Ich hoffe, sie hatten einen schönen Abend.

Ja, lieber Udo. So haben wir dir Geld geschenkt. Und hätten dich so gern gesehen. Und deine Musik gehört. Auf der Terrasse bei einem kühlen Bier verfolgen wir die Tweets. Nicht gut. Kein Wasser mehr da. Stromausfall. Aber hey … endlich kommst du auf die Bühne und die verbleibenden Menschen sind wahrscheinlich überglücklich, dass du es doch noch geschafft hast. Herzlichen!

Ich habe es nicht geschafft. Die Kinder und Behinderten vielleicht auch nicht. Dein Konzertveranstalter wäre vielleicht einmal zu überdenken. Meinst du nicht?

Ach … ehe ich es vergesse. Du hast zwar viele neue und junge Fans aber deine alten Fans sind Dir seit Jahren treu. Und genau so gealtert wie du. Vielleicht überdenkst du das mal. Im Kämmerlein.  Beim Eierlikörchen.

*… oder geht´s da auch um Geld …*

Wozu sind Konzerte da?

 

Mit nicht mehr so hochachtungsvollen Grüßen
Tanja

 

5 Gedanken zu „Ach sag mal, Herr Lindenberg … „Oder geht´s da auch um Geld?““

  1. Hallo,

    sehr schön geschrieben. Wir sind auch eher gegangen und fühlten uns verars…, zumal uns Leute der Security gesagt haben, dass sie bereits seit 14:00 wissen, dass Udo erst gegen 21:00 kommt. Dies war aber wohl ein „Betriebsgeheimnis“. Mich würde interessieren, wo Udo eigentlich in der Zeit gewesen ist? Ich glaube nicht, dass er Backstage war und sich dort das „Schauspiel“ regungslos angeschaut hat. Man munkelt, dass er seit 15:00 Uhr in Köln war.
    Frechheit !!

  2. Super geschrieben – wir haben es genau so gemacht wie Sie. Leider sind es bei uns hin- und zurück noch 1000 km gewesen :-( Am Liebsten würde ich zum Rechtsanwalt.

  3. Du sprichst mir aus der Seele. Genau den gleichen Gedanken hatte ich gestern auch, als ich die Wartezeit – Gott sei Dank sitzend auf der zu kleinen Euronorm-Sitzschale- verbracht habe. Keine Panik, es geht hier auch nur um eins – Kohle. Konzert war dann aber ab 20:57 „leider“ sehr gut mit gutem Sound – jedenfalls in dem Block, in dem ich war. Alles andere drum herum war leider inakzeptabel.

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